ein Beitrag von Anuschka Gehrke
Es wird angenommen, dass 3-5% der Frauen tatsächlich aus körperlichen Gründen nicht stillen können, trotzdem werden nur ein Drittel der Kinder noch nach 4 Monaten gestillt. An der Stillwilligkeit der Frauen liegt es nicht, denn ca. 90% geben an ihr Kind stillen zu wollen. Woran liegt es dann also?
Warum stillen die Mamas nicht?
Die Gründe sind, wie so oft, vielfältig, aber fangen wir am Anfang an. In der Schwangerschaft besuchen die meisten Frauen einen Geburtsvorbereitungskurs, in dem auch über das Stillen gesprochen wird. Das ist schon mal super! Doch oftmals bekomme ich das Feedback, dass Frauen dachten, das klappt schon und ihre Konzentration eher auf die Geburt gerichtet haben. Natürlich ist es wichtig sich auf die Geburt vorzubereiten, aber aufs Stillen eben auch. Mama und Kind bringen alles mitbringen, was es fürs Stillen braucht, und trotzdem ist es ein Lernprozess, bis das Zusammenspiel gut gelingt. Dazu gehört von Mamaseiten aus auch eine gehörige Portion Vertrauen, denn die Brust hat leider keine Füllstandsanzeige. Ich muss also mein Kind beobachten und auch ein Gefühl für mich haben, bevor die Waage zum Einsatz kommt und mir bestätigt, dass mein Kind zugenommen hat.
Im Krankenhaus wird nach der Geburt das erste Stillen von den Hebammen vor Ort unterstützt. Auch das ist super, leider passiert das immer wieder ohne die nötige Geduld. Babys können die Brust riechen und können sich auch von Mamas Bauch aus selbst dorthin bewegen, aber das braucht Zeit. Zu oft wird kindlicher Mund und Brust von außen zusammengebracht, was dann zur Folge hat, dass die Mama immer noch nicht weiß, wie sie ihr Kind richtig anlegt, das Baby die Brustwarze nicht allein erforschen kann und somit häufig den Mund nicht weit genug öffnet. Und damit nimmt die Misere ihren Lauf. Entweder bekommt die Mama schnell wunde Brustwarzen und hat demzufolge Schmerzen, die Milchbildung kommt nicht gut in Gang, die Kinder müssen zugefüttert werden, die Mamas pumpen ab und eigentlich sind alle unglücklich. Oder die Mama bekommt gleich Stillhütchen, wodurch das Baby die Brust zwar besser erfassen kann, trotzdem wird die Milchbildung nicht gut angeregt und es endet wieder in einer Zufütterspirale. Und das schlimmste an allem: Die Mama lernt dass stillen weh tut, stillen schwierig ist, meine Brüste nicht gut genug sind und ich mit der Flasche die Kontrolle habe. Und auch das Baby lernt was dabei, wenn es nicht die Zeit bekommt, die es braucht: nämlich anstrengen bringt nichts, ich komme nicht zum Ziel. Flasche trinken geht schnell. Stillen ist das erste Erfolgserlebnis unserer Kinder. Natürlich ist nicht das ganze Kind verloren „nur“ weil es dieses Erfolgserlebnis nicht hat und dennoch macht es was mit ihnen.
Nehmen wir mal an, das im Kreißsaal noch alles geklappt hat, herzlichen Glückwunsch dazu! Die Wöchnerinnenstationen der Krankenhäuser sind häufig kein Garant dafür, dass es so bleibt. Hier arbeiten überwiegend Kranken- und/oder Kinderkrankenschwestern und viele davon haben keine ausreichende Aus- oder Weiterbildung zum Thema Stillen. Wie oft habe ich schon gehört, dass jede Schwester der frischen Mama etwas anderes empfohlen hat oder wieder nur das typische Mund und Brustzusammenbringen gemacht hat, anstatt zu erklären wie frau gut stillen kann. Und wenn das Baby dann unruhig wird, vielleicht auch nur weil es von seiner Geburt erzählt, wird viel zu schnell zur Flasche gegriffen und wieder mal ist das Vertrauen der Mamas tief erschüttert. Manch eine/r wird jetzt sagen: „aber Hauptsache das Kind wird satt“ aber nein so ist es nicht! Viele Frauen fühlen sich in ihrer Weiblichkeit, in ihrem Urvertrauen und in ihrem Muttersein tief verletzt, wenn sie ihr Kind nicht ernähren können. Und das zurecht, denn früher wären unsere Kinder ohne unsere Milch gestorben. Wir haben unheimliches Glück, dass wir heute Milchalternativen haben, aber es steht fest: Muttermilch ist nicht besser als künstliche Säuglingsnahrung, künstliche Säuglingsnahrung ist schlechter als Muttermilch. Die Aussage scheint dieselbe und doch ist hier ein großer Unterschied, denn Muttermilch ist die natürliche Ernährung unserer Kinder und damit die Grundlage für den Vergleich. Künstliche Säuglingsnahrung kann nicht das bieten, was Muttermilch kann, sie ist und bleibt schlechter. Die Babynahrungsindustrie suggeriert uns, dass es für jedes Baby die perfekte Milch gibt, und wer hat sich nicht schon erschlagen gefühlt im Drogeriemarkt vor so einem Regal zu stehen?! Fakt ist aber, dass künstliche Säuglingsnahrung nicht an Muttermilch rankommt.
Also was kann frau tun, was muss passieren, damit mehr Frauen länger stillen? Liebe Schwangere: informier dich! Es gibt viele tolle Bücher zum Stillen, es gibt extra Stillvorbereitungskurse online und live, informier dich über den Geburtsvorbereitungskurs hinaus. Setz dich mit deiner eigenen Stillgeschichte auseinander und überleg dir, was du dir für dein Kind wünschst. Baue Vertrauen in dich, deinen Körper und die Natur auf. Und zu guter Letzt: such dir frühzeitig Unterstützung und höre auf dein Bauchgefühl. Die Hebammen sind immer die ersten Ansprechpartner, aber auch sie sind nicht allwissend. Wenn es hier irgendwann nicht mehr weiter geht, geh zu einer Stillberaterin. Einmal an die Flasche oder zum Stillhütchen heißt nicht, dass es immer so bleiben muss. Unsere Kinder sind hochkompetent und lieben das Kuscheln an der Brust. Manchmal braucht es einfach nur etwas, bis der Weg dorthin gefunden ist.
Auf diesen Websites findest du viele tolle Infos zum Stillen. https://www.still-lexikon.de/ und https://www.stillkinder.de/ Wenn du Fragen, Gedanken oder Anregungen hast, dann melde dich gerne bei mir. Und den Mamas die nicht stillen, denen möchte ich sagen: ihr seid keine schlechteren Mamas nur weil ihr nicht stillt. Keiner kann von außen beurteilen welches eure Beweggründe waren diese Entscheidung zu treffen. Vielleicht gehörst du zu den wenigen, die wirklich nicht stillen können, vielleicht willst du auch einfach nicht oder du hattest nicht die nötige Unterstützung, wer weiß. Aber du machst deine Sache prima und auch ihr werdet euren Weg gehen!
Alles Liebe Anuschka
Mehr über mich und meine Arbeit findet Ihr hier und auf meiner Webseite.